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Geburtstagsständchen zum 250. Geburtstag von J.Chr.H. Rinck (1770 - 1846)
18.02.2020
| Reformierte Kirche, Iserlohn
- Eines
der letzten Konzerte vor dem großen Corona-Logdown 2020 fand anlässlich
des 250. Geburtstages des Komponisten Johann Christian Heinrich Rinck
(1770 - 1846) an der historischen Schulze-Orgel in der Reformierten Kirche in Iserlohn statt. Christoph Ramb
spielte ausgewählte kleine und größere Orgelwerke des Komponisten.
Unterbrochen wurde die Orgelmusik durch den Moderator Konrad Dickhaus,
der interessante Details zu dem weitgehend unbekannten Komponisten
vortrug. Es gibt einen indirekten Bezug von Rinck nach Westfalen. 1829
erschien ein Choralbuch für die evangelische Kirche. Herausgeber waren:
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1. Der Prediger und Schulinspektor Friedrich Keßler aus Werdohl
(„Werdohl bei Iserlohn“) heißt es in der Ausgabe. Keßler war damals
Superintendent der „Diöcese Lüdenscheid“. „Diöcese“ meint heute den
Kirchenkreis.
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2. Der Oberkonsistorialrat für Westfalen Bernhard
Christoph Ludwig Natorp (Essen - Werden) und
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3. Christian Heinrich
Rinck (Hoforganist in Darmstadt).
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Ziel dieser Sammlung von Chorälen war
es offenbar, einen (weiteren) Niedergang der Gesangskultur in den
Kirchen und selbiges auch für die Organistenzunft zu verhindern. Denn
es häuften sich seit Jahren schon Stimmen, die einen allmählichen
Verfall der Orgelkunst beklagten.
Keßler schrieb ein Jahr später in
seinem Buch „Der musikalische Kirchendienst“ über den Charakter von
Orgelmusik im Gottesdienst das Folgende:
„Große Orgelstücke und Fugen, Orgel-Trios oder große Praeludien
von S. Bach, Händel, Albrechtsberger, Mozart, Krebs, Johann Schneider,
welche ohnedem nur für ausgezeichnete Spieler und Werke von größerem
Umfange geeignet sind, gehören nicht in den Gottesdienst, weil in ihnen
die Kunst vor der Erbauung vorherrschend ist, und weil sie überhaupt
nur dem Kenner, nicht aber der Menge einen geistigen Genuß verschaffen
können.“ (S. 32) …
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Einige Seiten weiter schreibt Keßler dann (S. 38):
„So
soll der Organist, der zum Gottesdienste einleitet, die Herzen der
Versammelten nicht aus der Kirche in die Welt, sondern aus der Welt
herein in die Kirche führen.“
- Diesem Ideal einer erbaulichen
evangelischen Orgelmusik kam Rinck in den zahlreichen, knappen, aber
dennoch kunstvollen Orgelstücken nach, so dass er als Mitherausgeber
des Choralbuches für die evangelische Kirche 1829 ein idealer Partner
für Keßler und Natorp war. Als Quintessenz seiner Orgelkompositionen
für den gottesdienstlichen Alltagsgebrauch kann das Kompendium mit Vor-
und Nachspielen op. 129 gelten, aus dem die Konzertbesucher einige Beispiele hören
konnten. Zu recherchieren wäre, auf welche Art und Weise Rinck mit
seinen Mitherausgebern korrespondierte. Vielleicht waren es ja auch
Konzertreisen, die ihn auch nach Westfalen führten.
Als weiteres
Verdienst sind seine Orgelschulen zu nennen, in denen sich zahlreiche
seiner Kompositionen finden. Zu Rinck strömten zahlreiche Orgelschüler
aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Und so verfasste er zwei
wichtige Orgelschulen, eine praktische und später eine
theoretisch–praktische. Die praktische Orgelschule von 1819/21 blieb
bis ins 20.
Jh. hinein ein Standardwerk in der Orgelpädagogik, mit zahlreichen
Übungsstücken, aber auch zahlreichen Eigenkompositionen in steigendem
Schwierigkeitsgrad.
Kompositorisch war es ein zentrales Ziel, auch
Organisten in kleineren Gemeinden spielbares Material an die Hand zu
geben. In seiner Selbstbiographie schreibt er: „Ich möchte lange noch
als Diener einer heiteren Kunst dem Ernste des Lebens nach Kräften eine
freundliche Kehrseite verschaffen.“
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“Klassizismus pur” - Orgelmesse am Samstagabend
06.09.2014 | Heilig Geist, Dortmund Wellinghofen
Im Rahmen der “Orgelmesse am Samstagabend” (18:30 Uhr) präsentierte Christoph Ramb am 6. September 2014 sein Programm “Klassizismus pur” v. a. mit Werken von Johann Christian Heinrich Rinck (1770-1846). Der
einer breiten Öffentlichkeit eher unbekannte Komponist Johann Christian
Heinrich Rinck (1770-1846) ist ein Vertreter eines musikalischen
Klassizismus. Rinck wurde im gleichen Jahr geboren wie Ludwig van
Beethoven. Nach einer Station in Gießen (1790-1805) wirkte er lange
Jahre in Darmstadt, zuletzt als Hoforganist und Kammermusiker am
großherzoglichen Hof. Sowohl Gießen, wie Darmstadt lagen zu jener Zeit
weit abseits der deutschen Musikmetropolen (Wien, Berlin, Leipzig und
Dresden). Im Programm präsentierte Christoph Ramb Werke aus Rincks
op. 55. Mit seinem op. 55 verfasste Rinck eine der wichtigsten
Orgelschulen für das 19. Jahrhundert. Die Orgelschule enthält in sechs
Bänden Werke zunehmender Schwierigkeit und Komplexität. In seiner
Musik tradierte Rinck vermittelt durch seinen Lehrer Johann Christian
Kittel (1732-1809), einem Schüler J. S. Bachs (1685-1750), die
Orgelkunst Bachs in die Zeit des Klassizismus und der frühen Romantik.
Er entwickelte dabei eine völlig eigene an der Klassik orientierte
Tonsprache. Als Komponist und Organist versteht Rinck es meisterhaft,
die Kunst des Affektes in seinen Werken in der jeweiligen Tonart zu
erreichen.
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Ständchen für guten Zweck
03.04.2009 | gesamte Zeitung
Iserlohn.
(rat) „CariTaste” - unter diesem Titel haben am Sonntagnachmittag mit
Ute Springer, Tobias Aehlig, Konrad Dickhaus, Markus Wieczorek und
Christoph Ramb nahezu alle Organisten der Iserlohner Innenstadt ein
Konzert in der Dreifaltigkeits-Kirche gegeben. Anlass war der 50.
Geburtstag von Christoph Ramb, der sowohl die Konzerteinnahmen als auch
seine Geburtstagsgeschenke an die Iserlohner Tafel „CariTasche”
weitergab: Glatte 1000 Euro kamen dabei am Ende zusammen. Mit rund
100 Besuchern war das anspruchsvolle und abwechslungsreiche Konzert
sehr gut besucht. Organisator und Geburtstagskind Christoph Ramb freute
sich riesig über die große Resonanz, über die gute Stimmung und vor
allem darüber, dass ein solches Konzert mit den innerstädtischen
Organisten beider Konfessionen überhaupt möglich ist. Besonders freute
er sich über die Teilnahme von Kantorin Ute Springer, deren Mann
Hanns-Peter Springer zeitgleich in der Obersten Stadtkirche
konzertierte. „Das spricht schon für die guten Beziehungen, die wir
untereinander pflegen”, machte Ramb im Gespräch die besondere Note
dieses Konzertes deutlich. „So etwas könnte meiner Meinung nach
durchaus zu einer schönen Tradition werden.”
© Text www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2009
Konrad
Dickhaus, Ute Springer, Markus Wieczorek, Tobias Aehlig und Christoph
Ramb an der Orgel in der Dreifaltigkeits-Kirche. Foto: Wronski
© Foto & Text Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau 03.04.2009 (siehe Artikel als PDF)
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Orgelkonzert für den guten Zweck
19.03.2009 | Lokalausgabe
Iserlohn.
(rd) Als ökumenisches Gemeinschaftsprojekt treten Ute Springer,
Kantorin an der Obersten Stadtkirche, Tobias Aehlig, Kantor an St.
Aloysius, und die nebenamtlichen Organisten Konrad Dickhaus, Christoph
Ramb und Markus Wieczorek aus der Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit an, um
mit einem Orgelkonzert die Arbeit der Tafel „CariTasche” und den
Mittagstisch im Lutherhaus „Iss was?!” zu unterstützen. „CariTaste”
lautet der Titel dieses Konzertes, das am Sonntag, 29. März um 16 Uhr
in der Dreifaltigkeits-Kirche in Wermingsen beginnt. Gerahmt von den
Beiträgen von Markus Wieczorek (französische Orgelmusik und die
Wiederaufnahme dieses Stils durch den Tschechen Petr Chaloupsky),
können sich die Konzertgäste auf wunderbare Gegenüberstellungen und
Dialoge freuen: Bachs Bearbeitung eines Oboenkonzerts von Alessandro
Marcello, Orgelwerke der Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn, César
Francks Präludium, Fuge und Variationen h-Moll sowie das Entdecken des
Tonus Peregrinus bei J.S. Bach und J.G. Rheinberger. Der Eintritt ist
frei. Am Ende des Konzertes wird um Spenden gebeten.
© Text www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2009
Das Konzertprogramm als pdf für Interessierte.
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Ein Schiff, das voran gekommen ist
19.11.2008 | Lokalausgabe (Iserlohn) | von Ralf Tiemann
Schon
die Zusammensetzung der Musiker beim großen Jubiläumskonzert in der
Dreifaltigkeitskirche war etwas Besonderes und Zukunftsweisendes. Denn
dass hier die vier katholischen Organisten im Pastoralverbund
Iserlohn-Mitte das Konzert zusammen mit dem Vokalensemble der
evangelischen Christusgemeinde vom Roden bestritten, wäre bei der
Einweihung der katholischen Kirche vor 50 Jahren wohl noch undenkbar
gewesen. Ebenso wie die musikalische Ausrichtung, die mit Gospel-Chor,
Jazz-Trio und Saxofon mit Orgel die vor einem halben Jahrhundert noch
sehr viel starreren Grenzen der Kirchenmusik sprengte. „Ein Schiff, das
sich Gemeinde nennt" lautet das Jubiläumsmotto. Und dass sich dieses
Schiff in den letzten 50 Jahren bewegt hat und ein gehöriges Stück
voran gekommen ist, wurde am Sonntag deutlich hörbar. Dem Organisator
des Konzertes, Lothar Herzig vom KKV, der diese Entwicklung begleitet
hat, gilt der Dank für diesen „künstlerischen Höhepunkt des
Jubiläumsjahres", wie der ehemalige Gemeindepfarrer Alwin Linnenbrinck
es ausdrückte. Das gleichnamige Lied zum Jubiläumsmotto diente am
Sonntag als Klammer für das abwechslungsreiche Programm, in dem die
Organisten Tobias Aehlig, Christoph Ramb, Konrad Dickhaus und Markus
Wieczorek das Thema in ihren Orgelimprovisationen verarbeiteten. Neben
den neutönerischen Bearbeitungen von Dickhaus und Wieczorek und der
Improvisation von Ramb im barocken Stil mit vielen Bach-Zitaten, war es
hier vor allem Kantor Tobias Aehlig, der das Thema des Liedes und das
Bild des Schiffes auf hoher See mit eindruckvoller Klangsprache und
starker Registerbehandlung aufgriff und damit auch den Schlusspunkt des
Konzertes lieferte. Besonders an dem Konzert war auch, dass über die
Orgelimprovisationen hinaus viele Eigenkompositionen der beteiligten
Musiker zu hören waren. Dr. Mathias Grün, der das Vokalensemble der
Christusgemeinde leitet, hatte die eindringlichen Klangbilder „Alle
Sorge werft auf ihn" und „Flügel der Morgenröte" für Chor und
Instrumentalbegleitung mitgebracht, und der Saxofonist Hartmut Tripp
hatte seine jazzigen Kompositionen „Solitude invisible" und „Verleih
uns Frieden" für Sopran-Saxofon und Orgel beigesteuer. Hauptwerk des
Abends war jedoch der Gospel-Zyklus „Body and Soul" von Lorenz
Maierhofer, bei dem sich die Sängerinnen und Sänger vom Roden als
vielseitiges und voll klingendes Ensemble präsentierten, und die
Begleitband aus Matthias Grün (Klavier), Laura Flanz (Schlagzeug) und
Otto Flanz (Kontrabass) als erstklassiges und spielfreudiges Jazz-Trio
auftrumpfte. Auch sie steuerten unangekündigt eine mitreißende
Improvisation über das Jubiläums-Motto bei und ernteten dafür ebenso
wie ihre Mitstreiter großen Applaus vom Publikum in der sehr gut
besuchten Kirche. Vielseitig und voll im Klang: Das Vokalensemble der
Christusgemeinde unter Dr. Matthias Grün in der Dreifaltigkeitskirche.
© Text www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2008
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Orgelspaziergang durch drei Innenstadt-Kirchen
Wissenswert, hörenswert und lobenswert
Iserlohn, 15.04.2008 | Ralf Tiemann
Iserlohn. Auf ein enormes Publikumsinteresse stieß am Samstag der Orgelspaziergang von KKV und Kantorei. Weit
mehr als hörenswerte Orgelmusik an drei Instrumenten von vier
Organisten hatte der Orgelspaziergang zu bieten, zu dem der Katholisch
Kaufmännische Verein Iserlohn (KKV) zusammen mit der evangelischen
Kantorei am Samstag eingeladen hatte. Denn neben dem reinen Musikgenuss
standen bei dem Gang von der Obersten Stadtkirche über die Reformierte
Kirche zur St.-Aloysius-Kirche die Geschichte, die Bauweise und die
klanglichen Eigenheiten der drei Instrumente im Mittelpunkt.
Gleichzeitig war der Gang durch Kirchen unterschiedlicher Konfession
und begleitet von Musikern unterschiedlicher Konfession ein
lobenswerter Beitrag zur Ökumene. Ein Konzept, das am Samstag anders
als bei der Premiere zur Fußballweltmeisterschaft 2006, als nur eine
Hand voll Orgelfreunde mitmarschierte, nun auf ein enormes
Publikumsinteresse stieß: Schon die Oberste Stadtkirche war beim
Startschuss sehr gut gefüllt, und beim Gang durch die Wermingser Straße
nahm das Interesse nicht ab. Sehr erfreulich war schon das
Informationsheft, das den Besuchern beim Eintritt in die Oberste
Stadtkirche in die Hand gedrückt wurde und in dem alles Wissenswerte
sowohl über die drei Innenstadt- Orgeln von ihren Bauherren bis zu
ihrer Dispositionen als auch zu den vier beteiligten Organisten zu
finden war. Mit diesem Heft in der Hand, das bei vielen Besuchern
garantiert nicht direkt ins Altpapier gewandert ist, war es ein
Vergnügen, den Erklärungen zu jeder Orgel zu folgen. Zumal in jeder
Kirche zwei Organisten am Werk waren, und es somit möglich war, dass
einer vor dem Publikum sprach, während der andere die Erklärungen mit
den entsprechenden Klangbeispielen verdeutlichte. Sehr anschaulich
erfuhren die interressierten Teilnehmer so alles über die grundlegend
unterschiedlichen Bauweisen der Schuke-Orgel in der Obersten
Stadtkirche, die sich ähnlich wie die Feith-Orgel in St. Aloysius an
dem Klangideal der Barockzeit orientiert, und der historischen
Schulze-Orgel in der Reformierten Kirche aus der Romantik. Die
passenden Orgelwerke, die Ute und Hanns-Peter Springer sowie Christoph
Ramb und Konrad Dickhaus dazu boten, lieferten darüberhinaus nicht nur
wunderbare Musik, sondern auch anschauliche Klangbeispiele zu den
Instrumenten.
© Text und Foto www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2008
Foto: www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2008
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Kantorei verneigte sich vor den Kindern
Iserlohn, 12.11.2007 | Ralf Tiemann
Eine
neue Dimension war das nicht nur für die Evangelische Kantorei. Auch
für das Iserlohner Musikpublikum war das, was die rund 60 Sängerinnen
und Sänger zuammen mit den etwa 35 Mitgliedern der Kinder- und
Jugendkantorei und unterstützt von Musikern der Philharmonie Dortmund,
einem Iserlohner Bläser-Ensemble um Stefan Beumers und zwei
Gesangssolisten am Sonntag in der Obersten Stadtkirche geboten haben,
nicht nur ein gewaltiges Musikerlebnis, sondern schlichtweg neu. Denn
die Kinder waren in der „Mass of the Children” von John Rutter, die
erst vor wenigen Jahren in New York uraufgeführt wurde und in
Deutschland noch nicht allzu oft erklungen ist, kein schmückendes
Beiwerk oder Anhängsel. Ihre kleinen Stimmen zwischen den gewaltigen
Klängen der Bläser, dem umfangreichen Schlagwerk und den Streichern
herauszuhören, war nicht nur bezaubernd oder anrührend. Vielmehr
übernahmen sie eine wichtige und führende Rolle in der Komposition und
trugen ganz entscheidend zu der besonderen Pracht dieses Werkes bei,
das zwischen populärem, musical-artigem Stil und modernem
Orchestereinsatz sehr viel zu bieten hatte. Schon im Vorfeld hatte
Kantor Hanns-Peter Springer von der großen Praxisnähe des britischen
Komponisten John Rutter geschwärmt, der seine Wurzeln in der englischen
Chortradition hat. Seine Werke schneidet er in der Regel auf die Praxis
in den Chören zu und schöpft dabei ihre realen Möglichkeiten voll aus.
Mit seiner „Mass of the Children” hat er in dieser Hinsicht ein echtes
Meisterwerk geschaffen, das unter die Haut geht und den Ausführenden
als auch dem Publikum viel Spaß macht. Der Schlussapplaus direkt
nach diesem Werk nahm jedenfalls triumphale Züge an, die man in dieser
Form nur selten erlebt. Schon wenige Sekunden nach den letzten Klängen
hatten sich alle Besucher in der sehr gut gefüllten Kirche geschlossen
von den Bänken erhoben und überschütteten die Musiker und Sänger mit
minutenlangem und tosenden Jubel. Hanns-Peter Springer sah sich
schließlich dazu gezwungen, das Gloria der Messe als Zugabe wiederholen
zu lassen, was ebenfalls bei solchen großangelegten Sakralwerken recht
unüblich ist. Mit diesem Konzert hat die Kantorei aber nicht nur
ein tolles Stück Musik verwirklicht, sie hat auch ein Credo der Kinder-
und Jugendarbeit an der Obersten Stadtkirche mit Nachdruck
unterstrichen, das Kantor Hanns-Peter Springer in seiner Begrüßung
erneut anführte: „Kinder sind nicht unsere Zukunft, sondern sie sind
unsere Gegenwart.” Welch enormer Gewinn sie nicht irgendwann sein
können, sondern jetzt schon sind, demonstrierte Kantorin Ute Springer,
die die Kinderkantorei leitet und die knapp 100 Sängerinnen und Sänger
und das große Orchester mit ihrem ebenso ausdrucksstarken wie
bestimmten Dirigat führte, sehr eindruckvoll. Natürlich hat sie Recht,
wenn sie sagt, dass es weit wichtiger sei, die Kinder grundlegend und
nachhaltig mit Musik vertraut zu machen, anstatt sie regelmäßig für
derartige konzertante Großereignisse zu trimmen. Ein wenig schade ist
es aber schon, dass ein solches Konzertereignis, bei dem alle
Kantoreigruppen an einem Strang ziehen, und eine solche „Verneigung der
großen Kantorei vor den Kindern”, wie Hanns-Peter Springer es nannte,
so schnell nicht wiederholt werden soll. Dafür wird man sich aber
schon im nächsten Jahr wieder auf so starke, facettenreiche und
erstklassig interpretierte Musik freuen dürfen, wie die Kantorei sie am
Sonntag sie auch ohne die Kinder zu Gehör gebracht hat. Als erstes ist
da natürlich Faurés wunderbar sphärisches Requiem zu nennen, das mit
dunkler, sehr Bratschen- und Celli-lastiger Intrumentierung,
himmlischen Melodien und wunderschönen Solo-Passagen - eindringlich
gesungen von Antonia Walch (Sopran) und Robert Sedlack (Barriton) -
betörte und mit dem die Kantorei ihr Konzert eröffnete. Anschließend
stand Arvo Pärts Psalmvertonung „De Profundis” auf dem Programm, das
nur von den Männerstimmen gesungen wurde, begleitet vom Schlagwerk und
von Christoph Ramb an der großen Orgel. Extrem hoch in den Tenören und
extrem tief in den Bässen entfaltete dieses Stück mit den
glockenartigen Einzeltönen der Orgel eine ganz eigenene und sehr
intensive Atmosphäre. Der Tatsache, dass es das Kantorenpaar zu
seinen Aufgaben zählt, auch die kirchenmusikalische Moderne verstärkt
erklingen zu lassen, ist es zu danken, dass das Publikum in den Genuss
eines so vielfältigen und kontrastreichen Konzertes kam, das nicht nur
ganz unterschiedliche Kompositionsstile und Klangideale, sondern
zwischen dem französischen Romantiker Gabriel Fauré und dem modernen
Esten Arvo Pärt auch starke konfessionelle und kulturelle Unterschiede
verband.
© Text www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2007
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60 Jahre danach
08.05.2005 | gesamte Zeitung
Iserlohn.
(gs) Lichter zur Erinnerung und zur Mahnung wurden gestern Abend bei
einem ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an das Kriegsende vor 60
Jahren entzündet. Die gemeinsame Veranstaltung der katholischen
Dreifaltigkeitsgemeinde sowie der evangelischen Versöhnungsgemeinde und
der Erlösergemeinde begann in dem Stollen unterhalb der Obersten
Stadtkirche, wo gegen Kriegsende viele Menschen Zuflucht vor den Bomben
suchten. Hier wurde ein Licht angezündet für alle, die gelitten haben.
Pfarrer Andres Michael Kuhn las aus den Erinnerungen des damals
neunjährigen Hartmut Plorin. In einer Prozession zogen die
Teilnehmer in die Oberste Stadtkirche. "Herr, hilf, wir verderben" und
"Der dich behütet, schläft nicht", heißt es auf zwei Glasfenstern. Vor
der Klagemauer darunter erinnerte Margret Morgenbrod, wie sie als Kind
das Ende des Krieges erlebte: als sie in der Schule ein (altes)
Formular ausfüllte und hinter der Frage "arisch?" ein "Nein" schrieb.
Werner Morgenbrod erinnerte an die Angst der Opfer, zu der am Ende des
Krieges auch die Angst der Täter kam. Die alte jüdische Weisheit
"Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung" sah Pfarrer Dr. Gottfried
Abrath als bleibende Aufgabe. Pfarrer Alwin Linnenbrink forderte die
Besinnung auf christliche Eckwerte ein, um den Sumpf von
Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus
auszutrocknen. Dann zündete er ein Licht an für die Vernunft. An der
Orgel begleitet von Christoph Ramb sangen die Teilnehmer der sehr
würdigen und ernsten Veranstaltung zum Schluss das hebräische Lied
"Schalom alejchem" - "Wir wünschen Frieden".
© Text www.derwesten.de (Iserlohner Kreisanzeiger / Westfälische Rundschau) 2005
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